Die Kunst des "Bei sich Bleibens"
Es gibt eine stille Kraft, die in mir wohnt. Zu ihr habe ich Zugang, unbemerkt im Außen, erdet sie mich inmitten von Chaos und zwischenmenschlichen Spannungen.
„Bei sich Bleiben“ für mich kein passiver Akt, kein Rückzug, sondern eine bewusste Haltung innerer Präsenz. In einer Welt die ständig ruft, zerrt, schreit, fordert, verletzt ist es eine ganz eigene Form der Kunst in der eigenen Mitte zu verweilen, ohne hart zu werden. Ohne sich oder die eigene Mitte zu verlieren.
Meine Grenze ist keine Mauer, weder im Kopf noch im Außen. Meine Grenze ist heute eine feine Linie aus Selbstachtung, aus meiner erfahrenen und gelebten Wahrheit, aus innerer Klarheit.
Sie schützt mich nicht vor dem Leben, sondern ermöglicht es mir erst, in Echtheit diesem zu begegnen. Diese Grenze sagt nicht: „Du bist falsch“, sondern „Ich bin hier“. Es ist ein leises Stehen – nicht gegen den anderen, sondern für mich selbst.
Und wenn jemand meine Grenzen nicht respektiert? Dann wäre es ein Leichtes mich zu erklären, mich zu rechtfertigen, zu kämpfen – oder mich und meine Linie aufzugeben und mich dabei zu verlieren.
Früher habe ich das gemacht. Die Gründe waren die unterschiedlichsten. Mal wollte ich gefallen, mal wollte ich dazugehören. Oder habe meine Grenze noch gesucht und lange nicht erkannt. Habe Werte im Außen gesucht und wollte einfach nur alles richtig machen. Als ich dann angefangen hatte meine Grenze zu kommunizieren, wurde dies als egoistisch abgetan. Es war dann viel einfacher mich selbst zu übergehen, als von anderen als „schwierig“ zu gelten.
Heute? Heute gebe ich meine Linie nicht mehr auf. Ich erkläre mich auch nicht mehr. Ich reagiere nicht, sondern ich bleibe bewusst bei mir. Ich gebe meinen Raum nicht auf, auch wenn der andere diesen nicht sieht.
Werde ich vom Leben diesbezüglich getestet? Aber sicher doch! Regelmäßig und jedes Mal, wenn mir es nicht gelingt mich nicht zu erklären oder ich meine Grenze aufgebe, lerne ich. Ich erfahre dabei so viel über mich und meine feine Linie der Selbstachtung wird dadurch immer klarer und stärker.
Heute weiß ich, dass nicht jeder meine Grenze ehren wird, aber ich kann und tue es. Und je älter ich werde umso einfach fällt es mir. In diesem Achten liegt für mich ein tiefer, stiller Frieden. Der Frieden des Seins – Ich bin!
Aus diesem „ich bin“ entsteht ein magischer Tanz, wenn zwei Menschen sich treffen, die sich ihrer selbst bewusst sind und Zugang zu dieser inneren Kraft des „Bei Sich Seins“ besitzen.
Du bist du und ich bin ich eröffnet einen Raum der erfüllt ist mit Liebe, Friede, Achtung und Neugier auf den anderen. Bedingungsloser Kontakt und Austausch ohne Erwartungen. Es entsteht dabei eine Freiheit, die es ermöglicht, dass jeder sich selbst treu bleiben kann, auch wenn der andere einen nicht verstehen sollte.
